Die Tatsache ist:
der Kinderwunsch bleibt trotz vieler Bemühungen manchmal unerfüllt.
Das Adoptionsverfahren in Deutschland ist langwierig und oft erfolglos, weil – wie jeder weiß, es viel mehr Paare gibt, die sich ein Adoptivkind wünschen, als für die Adoption verfügbare Kinder.
Andererseits entstehen im Laufe der Kinderwunschbehandlungen viele überzählige Embryonen. Sie werden eingefroren und oft kommt später niemand zurück, um sie aus dem tiefen Minus von -270 Grad zu holen und sie zu Kindern heranwachsen zu lassen.
Wäre es also nicht wunderschön (und vor allem logisch), wenn einiger von diesen Embryonen den interessierten Paaren in einem unkomplizierten Verfahren zur Adoption gestellt werden könnten?
Ein so einfacher Schritt würde allen involvierten Seiten zu Gute kommen: Kinderlose Paare könnten sich ihr Kinderwunsch erfüllen, Embryonen könnten bei den Frauen eingesetzt werden, die eh schwanger werden wollten. Die Frauen könnten also gebären, sich an das Kind von Anfang an binden, es beliebig lang stillen und bei sich tragen. Dazu würden die ganzen Anpassungsprobleme komplett entfallen, die oft eine Adoption begleiten (vor allem, wenn das Kind die frühen Jahren schon in einer anderen Familie verbracht hat).
Diese Lösung wäre so einfach und nah an der Praxis der Kinderwunschmedizin, dass man sich nur fragen kann, ob es schon zur Realität geworden ist? Nein, nicht wirklich.
Die Embyonenspende ist in Deutschland gleichzeitig erlaubt und rechtlich umstritten (im Unterschied zur Eizellspende, die unser Embryonenschützgesetz einfach verbietet).
Wie ist die Lage in andren Ländern?
Embyonenspende in anderen Ländern
In Großbritannien fand die erste Embryospende 1983 statt. Sie unterliegt den gleichen rechtlichen Bestimmungen wie die Eizell- und Samenspende. Im Zeitraum von 2000 bis einschließlich 2009 kam es in Großbritannien jährlich zu durchschnittlich 50-60 Geburten nach Embryospende.
In den USA wird die Embryoadoption seit den 1980er Jahren praktiziert und ist dort schon tausendfach durchgeführt worden; allein im Jahr 2013 wurden 1084 IVF Zyklen mit gespendeten Embryonen durchgeführt.
In Neuseeland ist die Embryospende seit über 10 Jahren (seit 2004) gesetzlich geregelt.
In Tschechien gibt es 42 Kinderwunschzentren, welche die Embryospende mitunter auch ausländischen Paaren anbieten.
Auch Dänemark, Spanien, Holland, und Polen garantieren gute Erfolgschancen und einen problemlosen Ablauf.
Embryonenspende in Deutschland
Also, wann wird eine Embryonenadoption in Deutschland problemlos und unkompliziert möglich?
Wahrscheinlich sobald das Embryonenschutzgesetz aus dem Jahr 1991 ernsthaft revidiert wird – dann gibt es eine Hoffnung, dass Verfahren wie Embryonenspende, Eizellspende, so wie andere Reproduktionsmedizinische Behandlungen, die in manchen anderen Ländern Frauen selbstverständlich zur Seite stehen, auch bei uns unkompliziert ablaufen dürfen.
Es hat mich auf jeden Fall gefreut zu lesen, dass der Deutsche Ethikrat sich mit dieser Frage beschäftigt hat und Regelungsbedarf sieht. In der vor wenigen Wochen veröffentlichten Stellungnahme des Deutschen Ethikrat (“Embryospende, Embryoadoption und elterliche Verantwortung”) wird der moralische Status des Embryos so diskutiert:
“…Zum moralischen Status des menschlichen Embryos in vitro und in der Schwangerschaft sowie zu dem daraus abzuleitenden Umgang mit ihm werden unterschiedliche Positionen vertreten. Dabei zeigen sich wichtige Differenzen unter anderem im Blick auf die im Befruchtungs- und Entwicklungsprozess als moralisch bedeutsam angesehenen Zäsuren (zum Beispiel Beginn oder Abschluss des Befruchtungsprozesses in vitro, Nidation, Überlebensfähigkeit außerhalb des weiblichen Körpers, Geburt), in der Anerkennung einer dem Embryo intrinsischen Schutzwürdigkeit, in der Frage, ob Lebens- und Würdeschutz gleich gesetzt oder unterschiedlich gewichtet werden, sowie bei der Bewertung von Kontextbedingungen, insbesondere der elterlichen Verantwortungsbeziehung zum Embryo. Die Positionen unterscheiden sich dabei zum Teil kategorial, zum Teil aber nur in der jeweiligen Gewichtung der für maßgeblich erachteten Kriterien. Aufgrund dieser unterschiedlichen Gewichtungen reicht das ethische Spektrum von Positionen, die den Menschenwürde- und Lebensschutz schon dem Embryo in vitro zuerkennen, bis hin zu solchen, die Menschenwürde- und Lebensschutz erst dem geborenen Menschen zusprechen. Je höher man den moralischen Status des Embryos in vitro bewertet, desto bedeutsamer wird die Notwendigkeit, die Entstehung überzähliger Embryonen zu vermeiden, und umso schwerer wiegen die Gründe, dennoch entstandenen überzähligen Embryonen eine vorhandene Lebensperspektive nicht zu verwehren…“
Den letzten Satz fand ich besonders interessant: ” desto bedeutsamer wird die Notwendigkeit, die Entstehung überzähliger Embryonen zu vermeiden“.
Dieser Punkt ist in der Praxis einfach nicht realistisch. Embryone enstehen nicht zufällig und es gibt nichts, wirklich nichts, was ein Embryologe tun könnte, um ihre Entstehung zu vermeiden.
Es gibt zwar Länder (Kroatien!), in denen versucht wurde, die Kinderwunschbehandlungen auf nur drei Eizellen einzugrenzen, um die Entstehung “überschüssiger” Embryonen zu vermeiden.
Ja, Sie lesen richtig – es gibt in der Tat Orte, wo den Frauen nach monatelangen Vorbereitungen und starken Hormonspritzen reife Follikel mit Eizellen entnommen werden um einige davon danach wegzuschmeissen oder einzufrieren (was sie für spätere Verwendungen oft unbrauchbar macht).
Aber fragen Sie irgendeinen Kinderwunscharzt, was er davon hält? Körperverletzung.
Zum Glück wird in Deutschland so etwas nicht praktiziert. Unser Embryonenschutzgesetz ist zwar veraltet, frauenfeindlich und nicht zu vereinbaren mit dem drittteuersten Gesundheitssystem der Welt, aber es gibt schlimmere Orte auf der Welt, wo unerfüllter Kinderwunsch einer Frau passiert.
Deshalb komme ich nun zu dem Satz aus der Stellungnahme “Embryospende, Embryoadoption und elterliche Verantwortung”, der mir Hoffnung gibt:
” …umso schwerer wiegen die Gründe, dennoch entstandenen überzähligen Embryonen eine vorhandene Lebensperspektive nicht zu verwehren…”
Ja! Und zwar eine logische, klare, einzig mögliche Lebensperspektive: Embryonen direkt in die Hände der Eltern, die sie sehnsüchtig erwarten, weiterzugeben! Direkt in die Gebärmutter, die durch Hormone und das lange Warten längst auf eine Schwangerschaft vorbereitet ist und wo nur das eine fehlt: ein lebensfähiger Embryo, der zu einem geliebten, geschützten Kind wachsen darf!
Update Nov.2020: Der Deutsche Ärztinnenbund e.V. (DÄB) hat sich dafür ausgesprochen, Embryonenspenden rechtssicher zu ermöglichen…”Mit der Embryonenspende können auch Paare Eltern werden, bei denen die Frau nicht über eigene fertile Eizellen verfügt, ohne dass das Verbot der Eizellspende tangiert wird”, erklärt DÄB-Präsidentin Dr. Christiane Groß. Sie bekämen einen Embryo, der weder von der mütterlichen noch von der väterlichen Seite Gene des Kinderwunschpaares mitbringe. “Vergleichbar ist das mit einer Adoption.” HIER WEITERLESEN
Embryonen Spende Neztwerk Deutschland: http://www.netzwerk-embryonenspende.de/verfahren/verfahren.html