AUGMENT: Frischer Wind für alte Eizellen?
Heute möchte ich über eine ganz besondere klinische Studie berichten.
Eine, die in den letzten Wochen für viele Schlagzeilen in den USA und Kanada gesorgt und Fortschritte auf dem Gebiet der Verbesserung der Eizellqualität gebracht hat, die mich wirklich sehr beeindrucken.
Eine klinische Studie der Firma Ovascience aus Boston hat nämlich ein neues Verfahren vorgestellt, bei dem die künstlichen Befruchtungen eine etwa 50 prozentige Erfolgsquote erzielen konnten (statt der bisherigen ca. 30 Prozent).
Aber es kommt noch etwas Besseres.
Die fantastisch gute 50 prozentige Erfolgsrate haben die Forscher sogar bei den Frauen erzielt, bei denen die vorherigen IVF- Versuche schon gescheitert waren (mindestens ein- bis zweimal). Darüberhinaus waren die allermeisten Probandinnen schon über 35 und es gab Hinweise auf eine mangelnde Eizellqualität.
Wie wurde das erreicht? Wie wurden die Frauen schwanger? Wie schafften es ihre Eizellen, endlich einmal gesunde und lebensfähige Embryonen zu produzieren?
Frische Mitochondrien in alte Zellen spritzen?
Labortechnisch gesprochen: relativ einfach. Also die neue Methode (AUGMENT genannt) ist wirklich kein Hexenwerk.
Während der Eizell-Entnahme für die IVF werden den Frauen zusätzlich 1-2 Millimeter kleine Stücke von der Oberfläche der Eierstöcke entnommen (wie bei einer Biopsie). Diese kleinen Stücke werden dann im Labor zerkleinert und daraus nur die unreifen Vorläuferzellen herausgefischt. Diese Zellen haben ein paar ganz besondere Eigenschaften. Sie sind nämlich wahre Energiebomben und enthalten (im Unterschied zu den reifen Eizellen) noch viele gesunde Energie-Kraftwerke (Mitochondrien nennen sie sich).
Diese Mitochondrien können aus den Vorläuferzellen der Eizellen isoliert werden und zwar so schonend, dass sie funktionsfähig bleiben. Man kann sie dann in eine andere Zelle spritzen (in die reife Eizelle, wie Sie schon vermuten) und diese sozusagen verjüngen. Sie können sich die ganze Prozedur wie eine Art Botox für die Eizellen vorstellen und liegen damit ziemlich richtig.
Die so gewonnenen Mitochondrien werden also in die Eizelle eingeführt, alles andere wird wie üblich gemacht: Befruchtung sowie Embryotransfer in die Gebärmutter. Nur dass die Eizelle viel mehr Kraft hat, all diese Prozesse richtig und ohne Fehler zu erledigen.
Insgesamt bekommen die Eizellen der Frauen im neuen AUGMENT Verfahren eine Energiespritze, eine Infusion von Kraft und frischem CoQ10, sogar aus eigenem Gewebe, was ihnen ermöglicht, gesunde Embryonen zu bilden (und Frauen bekommen so gesunde Babies).
Der Grund, warum die Ergebnisse dieser Studie mich so erfreut haben, war auch, dass endlich eine der wichtigsten Erkenntnisse der Zellbiologie in der reproduktionsmedizinischen Praxis angekommen ist: Eizellen brauchen viel Energie, um den Eisprung und die Befruchtung zu schaffen und sich anschließend noch zu lebens- und implantationsfähigen Embryonen zu entwickeln. Die Sichtweise der Embryonenbildung ändert sich langsam, die Dinge werden weniger auf mechanische und mehr auf energetische Weise betrachtet.
Heutzutage wird vermutet, dass sowohl die Alterung der Eizellen als auch gescheiterte Zellteilungen bei frühen Embryonen zum großen Teil auf die mangelhafte Energieproduktion der Eizelle zurückzuführen sind.
Jede Eizelle braucht hunderte von gesunden Mitochondrien und sogar noch mehr, aber diese kleinen Teilchen sind anfällig für Mutationen, die sich über Jahre hinweg ansammeln. Wir werden älter und unsere Mitochondrien auch.
Mitochondrien und Eizellen
Zur Zeit geht die Forschung davon aus, dass mindestens ein Drittel der Mitochondrien der Frauen über 35 nicht funktionsfähig ist, was dazu führt, dass entweder die Befruchtung der Eizelle scheitert, oder ein Embryo entsteht, der die Zeit, bevor die Einnistung und Versorgung gesichert sind, nicht selbständig überleben kann.
Das neue AUGMENT Verfahren passt zu den bereits publizierten Ergebnissen dieser Arbeitsgruppen. (Ich kenne auch andere Studien dieser Autoren aus der Vergangenheit, wo sie in wirklich hartnäckigen Fällen – Frauen über 40 und mit kaum verbliebenen Eizellen – konventionelle IVFs erfolgreich durchgeführt haben). Zum Beispiel haben Dr. Robert Kasper und seine Mitarbeiter vom Toronto Center for Advanced Reproductive Technology (TCART) schon vielen Frauen über 35 geholfen, schwanger zu werden und gesunde Babys zu bekommen, indem diese monatelang vor der geplanten IVF CoQ10 in hohen Dosen eingenommen haben.
DHEA und CoQ10 verbessern nachweislich Eizell- und Embryoqualität
Zusätzlich zum CoQ10 konnte auch noch für DHEA gezeigt werden, dass es die Eizell-und Embryonenqualität verbessert. Leider ist es in Deutschland so, dass, obwohl in den letzten zehn Jahren viele dutzende Fachartikel zu DHEA veröffentlicht wurden (und über ein Drittel der Kinderwunsch-Kliniken in den USA DHEA bei Frauen über 35 empfehlen) die Ärzte hierzulande mit solchen Empfehlungen noch sehr zurückhaltend sind.
In deutschen Kinderwunsch-Praxen wird vor allem auf Technik gesetzt (auch zu Recht, die Erfolgsquoten sind oft sehr gut) und natürlichen Methoden zur Verbesserung der Eizellqualität wird nicht allzu viel Platz eingeräumt. Bestenfalls werden Vitaminpräparate, Kräuter und Entspannungsmethoden am Rande empfohlen, nach dem Motto: “Es schadet sicherlich nicht”.
Und dabei hat CoQ10 gar keine Nebenwirkungen (nicht einmal in wirklich hohen Dosierungen, die die Herzpatienten in den USA oft nehmen) und das Schlimmste, was über DHEA behauptet werden könnte (hier ist ein viel zitierter Sammelartikel mit weiteren nützlichen Literaturhinweisen), waren Pickel und Schweißausbrüche, die als Folge der angekurbelten Testosteronproduktion eingetreten sind.
Risiken und Nutzen muss man ausnahmslos gegeneinander abwägen, das ist klar. Aber wie riskant ist es, dass Frauen über 35, deren Eizellen von Zyklus zu Zyklus immer mehr abnehmen, versuchen, deren Qualität zu verbessern?
Also, sind Sie über 35? Möchten Sie die Qualität Ihrer Eizellen verbessern? Befinden Sie sich in einer Kinderwunsch-Behandlung? Wie sehr schadet ein wenig Mut in eigener Sache?