Vitamin D und Kinderwunsch
Alles Wichtige erklärt von Prof. Dr. Jörg Spitz
Am Rande einer vor ein paar Wochen in Berlin stattgefundenen Tagung hatte ich das Vergnügen, mich ausführlich mit Prof. Dr. Jörg Spitz zu unterhalten.
Es war leicht, einen der führenden Vitamin-D-Experten ins Herz zu schließen. Dies nicht nur, weil ich selbst dreizehn Jahre lang in der Vitamin-D-Forschung tätig war und dieses Fachgebiet gut kenne und liebe, sondern auch wegen der engagierten Art, in der Prof. Spitz über gesellschaftlich heikle Themen offen und klug sprach, sowie seiner Fähigkeit, einem jungen Publikum komplexe Sachverhalte auf der Tagung zur Paleo-Ernährung anschaulich zu erklären.
Ich erzählte Prof. Spitz, dass ich auf meinem Blog oft auf die Bedeutung von Vitamin D bei Kinderwunsch und Schwangerschaft hinweise und in diesem Artikel zum Beispiel muslimische Frauen darauf aufmerksam mache, dass Vitamin-D-Mangel die Gesundheit dermaßen gefährden kann, dass höchstens eine “leichte Verschleierung” zu rechtfertigen sei.
Prof. Spitz hat mich korrigiert: „Mit einer ‘leichten Verschleierung’ der muslimischen Damen bin ich nicht ganz einverstanden. Im Zweifelsfall wird es nicht genügend Vitamin-D-Bildung geben, falls nicht andere Körperpartien ebenfalls exponiert werden. Alle Migranten mit einem dunkleren Hauttyp sollten daher in Deutschland konsequent Vitamin D supplementieren – vom Kleinkind bis zum Großvater.
Vitamin D und Kinderwunsch: Worauf ist zu achten?
Da ich nicht jeden Tag die Gelegenheit habe, mit bekannten Vitamin-D-Experten zu reden, wollte ich unbedingt noch wissen, was er im Sinne der Vitamin-D-Versorgung Frauen über 35 mit Kinderwunsch noch empfiehlt. Exklusiv für die Leserinnen von Paleo Mama Blog beantwortet Prof.Spitz die meist gestellten Fragen über Vitamin D in der Kinderwunschzeit.
Darja Wagner: Wie viel Vitamin D braucht eine Frau Mitte 30 und Kinderwunsch?
Prof. Spitz: Eine Frau, Mitte 30, braucht mit und ohne Kinderwunsch mindestens 30 ng/ml, besser noch 40 bis 60 ng/ml in ihrem Blut. Nur dann ist gewährleistet, dass ihre Zellen und damit ihre Körperfunktionen regelrecht funktionieren können. Dazu gehört die Empfängnisbereitschaft genauso wie die Vermeidung von Krebs und Depression, um nur zwei Beispiele zu nennen.
Über Vitamin D, Kinderwunsch und Verschleierung: Ein weiteres Gespräch mit Prof. Jörg Spitz
Darja Wagner: Was passiert, wenn der Vitamin-D-Mangel nicht behandelt wird? Besteht etwa Gefahr von Rachitis für das Kind? Oder etwas anderes?
Prof. Spitz: Die negativen Auswirkungen eines Vitamin-D-Mangels auf das heranwachsende Kind in der Schwangerschaft sind sehr vielfältig: Je nachdem, wie ausgeprägt der Mangel der Mutter ist, kommt das Kind bereits mit einer Rachitis auf die Welt und hat dadurch ein vermehrtes Frakturrisiko. Dadurch entstehen beim normalen Umgang mit dem Kind spontan Frakturen, die im Röntgenbild regelmäßig als Kindesmisshandlung (fehl-)gedeutet werden.
Damit geraten die Eltern sogar in Gefahr von den Ärzten, die sie wegen der Frakturen aufgesucht haben, wegen Kindesmisshandlung angezeigt zu werden. Die Folge ist, dass ihnen das (angeblich misshandelte) Kind weggenommen wird. Eine Katastrophe!
Allerdings leiden nicht nur die Knochen unter dem Vitamin-D-Mangel in der Schwangerschaft, sondern auch die Muskulatur des Kindes: Bei der Nachuntersuchung nach mehreren Jahren zeigen diese Kinder nicht nur schwächliche Knochen, sondern auch eine schwächliche Muskulatur im Vergleich zu Kindern von Müttern mit ausreichend Vitamin D in der Schwangerschaft.
Doch damit nicht genug: Hat die Mutter zu wenig Vitamin D in der Schwangerschaft, wird das Immunsystem des Kindes falsch eingestellt und neigt im späteren Leben zur Ausbildung von Autoimmunerkrankungen wie Allergien, Rheuma, Psoriasis oder Colitis ulcerosa.
Ferner kommt es bei Kindern mit einem Mangel an Vitamin D in der Schwangerschaft (und in den ersten Jahren ihrer Kindheit) zu einem vermehrten Auftreten von neurologischen Erkrankungen (zum Beispiel Multiple Sklerose und Schizophrenie) sowie jugendlichem Diabetes.
Vitamin D Rechner
Vitamin D umrechnen: 25 (OH) D ist ein Vorläufer-Molekül des aktiven Vitamin D. Je nach Labor kann es in den Einheiten nmol/L oder ng/ml angegeben werden. Für die Umrechnung von nmol/L in ng/ml teilt man den Wert durch 2,5. Oder hier online umrechnen, natürlich kostenlos:
Wie viel Vitamin D am Tag?
Darja Wagner: Gibt es eine Alternative zu Vitamin-D-Präparaten, wie z.B. bestimmte Lebensmittel? Was ist mit der Sonne – wie lange müssen die Frauen täglich in die Sonne gehen und wie bekleidet sein, damit ihr Körper genug Vitamin D herstellt. Etwa mit kurzen Ärmeln, aber langer Hose?
Prof. Spitz: Angesichts unseres Lebensstils gibt es kaum eine praktikable Alternative zur Einnahme von (synthetisch hergestelltem) Vitamin D. Wir halten uns regelmäßig zu viel in geschlossenen Räumen auf und zu wenig im Freien, als dass sich unsere Haut (wie vor hunderttausenden von Jahren) an die Sonne gewöhnen kann. Und in der Winterzeit zwischen Oktober und März geht in Deutschland gar nichts, weil die Sonne zu tief steht.
Dies gilt auch im Sommer vor zehn Uhr und nach drei Uhr. Dies bedeutet, dass wir zu den Zeiten, wo die Vitamin-D-Produktion in der Haut gut funktioniert, im Büro oder in der Schule sitzen. Wenn wir dann am Wochenende Zeit haben, einmal länger in der Sonne bleiben zu können, müssen wir uns vor ihr schützen, damit kein Sonnenbrand entsteht, und können dies mit Kleidung und/oder Sonnencreme tun.
Fragen zu Mikronährstoffen? Online Kinderwunsch-Beratung mit Biologin Dr. Darja Wagner
Sie haben einen Kinderwunsch und würden gern Ihre Hormondaten und Schwangerschaftschancen besser verstehen? In meiner Kinderwunschberatung habe ich vielen Frauen und Paaren geholfen, ihre Eizell- und Samenqualität zu verbessern sowie ihre Blut- und Hormonwerte zu verstehen. Gerne helfe ich Ihnen, Ihre Mikronährstoffe, Ernährung und Lebensstil so anzupassen, dass sie Ihr Hormonprofil optimal unterstützen. Nehmen Sie sich Zeit vor der Schwangerschaft, um Ihren Körper vorzubereiten und ihn “babyfreundlich” zu machen – es lohnt sich.
Buchen Sie meine Beratung hier: Dr. Darja Wagner Online-Beratung.
Testimonials und Erfahrungen meiner Patientinnen: Schwanger mit über 35 Testimonials
Lassen Sie mich einfach wissen, wo ich Ihnen helfen kann!
Darja Wagner: Wie viel Vitamin D ist die maximale tägliche Dosierung?
Prof. Spitz: Wer jedoch über Mittag Zeit hat, der kann sich (mit möglichst viel entblößter Haut) für 10 bis 15 Minuten der dann starken UV-Strahlung aussetzen. Schafft man das in der Badehose oder im Bikini (entsprechend zwei Quadratmeter Körperoberfläche), produziert man locker 10.000 bis 15.000 IE Vitamin D – ohne einen Schock zu bekommen. Kann man nur die Arme oder Beine entblößen und (ohne Sonnencreme) in die Sonne halten, reduziert sich natürlich anteilig die produzierte Vitamin-D- Menge.
Auf keinen Fall sollte man das Gesicht zur Vitamin-D-Produktion nehmen, denn das Gesicht ist ohnehin immer der Sonne ausgesetzt und man läuft daher Gefahr, einen weißen Hautkrebs auf den so genannten Sonnenterrassen zu entwickeln: auf Stirn, Jochbögen, Nase und Ohren. Also sollte man sein Gesicht beim Vitamin-D-tanken vor der Sonne schützen und (beliebige) andere Körperteile der Sonne aussetzen.
Wie erfolgreich der Einzelne mit einer solchen Vorgehensweise ist, sollte jeder durch eine regelmäßige Bestimmung des Vitamin-D-Spiegels im Blut überprüfen: im Frühjahr, damit man weiß, ob man mit seinem Konzept gut durch den Winter gekommen ist, und im Herbst, um zu überprüfen, was die gezielte Sonnenexposition gebracht hat.
Darja Wagner: Sind 5000 Einheiten Vitamin D am Tag zu viel?
Prof. Spitz: Je nach Ergebnis kann man dann die Vitamin-D-Gabe regulieren. Dabei gilt, dass die regelmäßige Einnahme von 1.000 IE Vitamin D pro Tag bei einer Person mit 70 Kilogramm Körpergewicht den Vitamin-D-Spiegel im Blut um etwa 10ng/ml steigen lässt. Wer Übergewicht hat, muss unter Berücksichtigung des Mehrgewichtes auch entsprechend mehr Vitamin D einnehmen, um einen normalen Spiegel zu erreichen.
Da Vitamin D fettlöslich ist, sollte man es zusammen mit einer fettreichen Mahlzeit einnehmen, um die Aufnahme aus dem Darm zu fördern. Ferner ist die tägliche Einnahme effektiver als eine Zufuhr (der adäquaten Menge) einmal in der Woche oder einmal im Monat.
Darja Wagner: Wie viel Vitamin D empfehlen Sie Frauen mit Kinderwunsch in Form eines Vitamin-D-Präparates?
Prof. Spitz: In einer umfangreichen Studie wurde eine sichere Vitamin-D-Gabe von 4.000 IE/Tag bei Schwangeren getestet. Es war eine hochwertige Studie – doppelblind, Placebo-kontrolliert, randomisiert und prospektiv. Die Gruppe mit täglicher Versorgung zeigte ein Drittel weniger Schwangerschaftskomplikationen, wie zum Beispiel vorzeitige Geburt, Präeklampsie und Infekte. Stillende Mütter erhielten 6.000 IE/Tag und erreichten regelrechten Vitamin-D-Spiegel in der Muttermilch.