Fruchtbarkeit beim Mann – Handy raus aus der Hosentasche!
Handystrahlung in der Hosentasche? Wie schädlich sind Smartphones für Spermien?
Mindestens 15 % der Paare in Ländern mit hohem Lebensstandard sind von unerfülltem Kinderwunsch betroffen. In den letzten Jahren erreichen uns aus mehreren Ländern wissenschaftliche Berichte, die einen ungeklärten Rückgang der Samenqualität melden.
Es gibt sehr viele Lifestyle-Faktoren, die die Fruchtbarkeit beim Mann beeinflussen. Einige davon wurden auf Paleo Mama schon diskutiert und Gespräche mit Andrologen, Urologen sowie Mitarbeitern von Samenbanken veröffentlicht.
Heute diskutieren wir die Wirkung von elektromagnetischen Wellen aus Handys bzw.Smartphones auf die Gesundheit. Für das Bereitstellen der relevanten wissenschaftlichen Studien und die sehr interessanten Diskussionen bedanke ich mich beim Kinderwunschzentrum Ceres von Drs.Hannen und Stoll in Berlin.
Handys erzeugen nicht viel Wärme, aber Strahlung
Smartphones permanent in der Hosentasche, WLAN-Netze eingeschaltet, 5G-Netzwerke bald überall in den Großstädten… Die Diskussion um gesundheitsschädliche Wirkungen von elektromagnetischen Wellen reißt nicht ab. Unter anderem wird ein Einfluss auf die männlichen Fertilität vermutet. Die thermischen Mechanismen gelten bis jetzt als unbedenklich.
Was aber ist mit den elektromagnetischen Wellen?
Dass sie die DNA verändern können und sich auf die Spermiogenese auswirken, wissen wir aus zahlreichen zellulären und tierexperimentellen Daten. Wie sieht dies aber bei Männern aus? Ist für sie die Handystrahlung wirklich unbedenklich, wie das Bundesamt für Strahlenschutz berichtet?
Schon im Jahr 2008 haben Agrawal et al. vom Zentrum für reproduktionsmedizinische Forschung in Cleveland (USA) eine Studie in Fertility and Sterility publiziert, in der 361 Männer in vier Gruppen aufgeteilt wurden, je nachdem, wie viel Zeit am Tag sie ihre Smartphones nutzten – von gar nicht bis mehr als vier Stunden.
Es wurde festgestellt, dass die Spermiogramme statistisch signifikante Unterschiede ergaben. Bei fleißigem Handy Benutzen konnte eine verminderte Motilität, sowie Vitalität und Morphologie festgestellt werden. Die Laborwerte nahmen aber bei allen Handy-Benutzern mit zunehmender Dauer der täglichen Exposition zu.
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- Agarwal A, Deepinder F, Sharma RK, Ranga G, Li J. Effect of cell phone usage on semen analysis in men attending infertility clinic: an observational study. Fertil Steril. 2008;89(1):124‐128.
Handystrahlung und Spermien
Die Gruppe forschte weiter und veröffentlichte 2009 nochmals in Fertility and Sterility (eine der einflussreichsten Fachzeitschriften der Branche) folgende Publikation:
- Agarwal A, Desai NR, Makker K, et al. Effects of radiofrequency electromagnetic waves (RF-EMW) from cellular phones on human ejaculated semen: an in vitro pilot study. FertilSteril. 2009;92(4):1318‐1325.
Dort wurden Samenproben von fertilen und infertilen Männern genommen und für eine Stunde der Handystrahlung ausgesetzt (die Handys befanden sich im ganz normalen Sprachmodus). Die Ergebnisse einer detaillierten Samenanalyse zeigten eine leichte Verminderung der Beweglichkeit und Vitalität der Spermien sowie einen starken Anstieg von freien Radikalen, bei beiden Testgruppen in etwa gleichem Maße.
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Machen Handys unfruchtbar? Ist es schädlich, das Handy in der Hosentasche zu tragen?
Schon in einer gynäkologischen Zeitschrift wird eine Zusammenfassung von Derias EM et al. zitiert, die Folgendes zu bedenken gibt (Growing concern over the safety of using mobile phones and male fertility. ArchAndrol 52 (2006) 9-14).
– In einer Humanstudie wurde bei 31 Technikern, die von einem Jahr bis zu 17 Jahren Mikrowellenfeldern von sehr hoher Frequenz ausgesetzt waren, eine signifikant niedrigere Spermienkonzentration und -motilität sowie eine abnorme Morphologie im Vergleich zu Kontrollmännern festgestellt.
– In einer Studie mit 33 Soldaten, die während ihrer Militärzeit Radarstrahlung ausgesetzt waren, fanden sich keine Veränderungen bei verschiedenen Spermienparametern, in einer anderen Studie kam man allerdings wieder zu anderen Ergebnissen.
-In einer Studie mit 13 Männern mit normaler Spermatogenese führte das regelmäßige Mitführen eines Mobiltelefons über fünf Tage zu einer Motilitätsabnahme der Spermien. Weitere, methodisch verbesserte Studien müssen nun folgen, um das Risiko besser abschätzen zu können.
All diese Vermutungen bzw. Beobachtungen wurden vor beinahe 15 Jahren geäußert. Sind weitere Daten hinzugekommen, wissen wir heute mehr?
Ja, auf jeden Fall.
Männliche Fruchtbarkeit – es sollte mehr Forschung gemacht werden
Nun, an der Zahl der Studien merkt man, dass diese Forschungen keine hohe Priorität haben. Das ist gut nachvollziehbar – hochwertige Forschung kostet Geld, und Sponsoren aus der Industrie finanzieren verständlicherweise ungern Arbeiten, die zu negativen Ergebnissen führen könnten.
In 2014 wurde eine Meta-Analyse (also eine Sammelarbeit aller bis dahin verfügbaren Daten) durchgeführt. Adams JA et al (Effect of Mobile Telephones on Sperm Quality: A Systematic Review and Meta-Analysis) kamen anhand von insgesamt 1492 analysierten Proben zu dem Schluss, dass die Exposition zum Mobilfunk zu einer verringerten Spermienmotilität und Vitalität führt.
Die Ergebnisse waren konsistent und konnten sowohl in-vitro also auch in-vivo bzw. klinischer Umgebung bestätigt werden. Die Auswirkungen der Smartphone-Handystrahlung auf die Konzentration sind noch unklar.
Unerfüllter Kinderwunsch: Die Väter nicht vergessen!
Fruchtbarkeit beim Mann ist eine zarte Pflanze – was die wissenschaftliche Literatur dazu sagt
In folgender Publikation sagen die Autoren:
“…Mit fortschreitender Technologie werden die Menschen zunehmend elektromagnetischen Feldern mit verschiedensten Frequenzen ausgesetzt. Die aktuelle Literatur zeigt, dass Mobiltelefone zelluläre Funktionen über nicht thermische Effekte beeinflussen können. Dabei scheinen Mitochondrien eine wichtige Rolle als ROS-Quelle zu spielen. Zukünftige Studien sind erforderlich, um die molekularen Mechanismen zu verstehen und Präventionsstrategien zu verbessern…”
- Yahyazadeh A, Deniz ÖG, Kaplan AA, Altun G, Yurt KK, Davis D. The genomic effects of cell phone exposure on the reproductive system. Environ Res. 2018;167:684‐693.
Samenzellen brauchen viele gesunde Mitochondrien
Weiter, in dieser Studie von 2018 sagen Santini et al. Folgendes:
“…Es gibt überzeugende Beweise dafür, dass elektromagnetische Frequenzen die Zellphysiologie beeinflussen, in dem sie Redox-abhängige Prozesse verändern. Im Sinne der Bedeutung des Redox-Milieus für buchstäblich alle biochemischen Reaktionen im Körper kommen wir zum Schluss, dass u.a. die Rolle der Mitochondrien als Hauptquelle für reaktive Sauerstoffspezies besser untersucht werden sollte. Wir fokussieren uns zur Zeit auf die Bedeutung von Mitochondrien bei der EMF-induzierten Reproduktionstoxizität…”
- Santini SJ, Cordone V, Falone S, et al. Role of Mitochondria in the Oxidative Stress Induced by Electromagnetic Fields: Focus on Reproductive Systems. Oxid Med Cell Longev. 2018;2018:5076271.
Wie Sie selbst merken, meine liebe Leserin, bleibt noch sehr viel zu tun und zu lernen und noch sind sehr viele Fragen offen. Eines aber kann man jetzt schon mit ziemlich großer Sicherheit sagen: In der Kinderwunschzeit sollten die Männer ihre Smartphones nicht in der Hosentasche tragen. Im Vergleich zu all den Maßnahmen und Veränderungen im Lifestyle, die die Frauen gern auf sich nehmen, um schneller schwanger zu werden, ist das wirklich kein großes Opfer.
Fazit: In der Kinderwunschzeit sollten die Männer ihre Smartphones nicht in der Hosentasche tragen.
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