Eizellspende in St. Petersburg: Klinikbesuch
OLGA-Klinik behandelt mit Erfolg Paare und alleinstehende Frauen
Also wie lang sollte eine Frau es versuchen, mit eigenen Eizellen ein Kind zu bekommen? Ab wann ist es sinnvoll, zur Eizellspende überzugehen? Auf welchen Faktoren sollten diese Entscheidungen basieren?
Diese Fragen werden in der Kinderwunschmedizin kontrovers diskutiert – die individuellen Entscheidungen müssen auf jeden Fall ausgewogen getroffen werden.
Um diese Themen besser zu verstehen, besuchte ich die Kinderwunschklinik O.L.G.A. in St.Petersburg.
Eine ganze Woche lang war ich für Sie, meine liebe Leserin, damit beschäftigt, möglichst viele Antworten von möglichst vielen kompetenten Menschen zu erfahren.
Die medizinische Direktorin der Klinik, Dr. Olga Zaytseff, hat in Deutschland ihren Facharzt gemacht und spricht Deutsch.
Auch ihre engste Mitarbeiterin Julia sowie mehrere Teammitglieder sprechen Deutsch; der Rest der etwa 70 Klinikmitarbeiter scheint alle möglichen Sprachen zu sprechen, so dass ich mehrere Tage lang nicht aufhörte, mich zu unterhalten und alle Fragen zu stellen, die mir in den Sinn kamen.
Eizellspende Russland – Erfahrungen aus der ersten Hand
Hier berichten einige Patienten, die nach besonders langwierigem Kampf mit der Unfruchtbarkeit Eltern mit eigenen Eizellen geworden sind.
Maria @mariakristinlindstrom und Sebastian aus Schweden erzählen:
“…Als aus unseren 5-6 ICSI erfolglosen Versuchen irgendwann mal 11-12 geworden waren, stellten wir uns die Frage: – Haben wir noch die Kraft, um weiterzumachen? Wie oft können wir noch aufstehen und weiter versuchen, nachdem es wieder nicht geklappt hat und die Angst bei jedem gescheiterten Versuch nochmal stärker wird? Wir mussten etwas ändern.
Mit gemischten Gefühlen sind wir im Herbst 2017 in die O.L.G.A. Kinderwunschklinik nach St. Petersburg geflogen.
Die erste ICSI bei O.L.G.A. mit eigenen Eizellen und Spermien hat zu unserem ersten positiven Schwangerschaftstest überhaupt geführt, aber leider auch zu einer Fehlgeburt.
Die zweite ICSI mit eigenen Eizellen und Spermien hat zu unserem Sohn geführt, der am 26. Januar 2019 nach einer völlig normalen Schwangerschaft zu uns gekommen ist.
Jetzt wünschen wir uns natürlich, wir wären früher nach St. Petersburg gefahren. Dann hätten wir wahrscheinlich keine 12 Eizellenentnahmen und 12 ICSI, 16 Embryotransfers und 4 Inseminationen mit Spendersamen durchlaufen, mit allen körperlichen und seelischen Schmerzen die damit verbunden waren”.
Diese und weitere Erfolgsgeschichten können Sie hier lesen: https://olgafertilityclinic.com/en/about/successtories/maria-sebastian/
Aber wie kam es zu einer Einnistung, nachdem sie nie zuvor stattgefunden hat? Wie kam ein Baby zur Welt, nachdem es in allen Versuchen davor nicht klappen wollte?
Künstliche Befruchtung in Russland – was wurde anders gemacht?
Erst kürzlich saß Sebastian zusammen mit Dr. Elena Lapin und Olga Zaytseff und diskutierte seine und Marias Geschichte. Was wurde in St. Petersburg anders gemacht, welche Faktoren haben zum Erfolg geführt?
- Eine individuelle Stimulation von Marias Eierstöcken, um das Wachstum von starken und kompetenten Follikeln anzuregen, die reife und gesunde Eizellen enthalten.
- Die ICSI im Labor wurde von einigen der besten Embryologen auf dem Gebiet durchgeführt.
- Die Embryonen wurden bis zum 5. Tag im Labor gezüchtet, um Blastozysten in höchster Qualität zu bekommen. Diese Blastozysten wurden danach kryopräserviert – dieses Einfrierverfahren hat in der O.L.G.A-Klinik eine Überlebensrate von 95% und dient dazu, die Embryonen “auf Eis zu legen”, während die Gebärmutterschleimhaut vorbereitet wird.
- Nach einem Pause-Zyklus wurde Marias Gebärmutterschleimhaut mit sanfter hormoneller Unterstützung sowie einer präzisen Planung des Implantationsfensters für den Embryotransfer vorbereitet.
- Der Embryotransfer wurde mit Ultraschall kontrolliert und in den Tagen danach dezent hormonell begleitet, bis der kleine Embryo stark genug war, um sich bei der Mutter anzudocken und für sich selbst zu sorgen.
Babys in der Klinik OLGA – eine weitere Erfolgsgeschichte
Auch Linas Geschichte ist sehr interessant (Linas Instagram: @maybebaby_2019):
Linas Kinderwunschreise begann 2015 in einer Kinderwunschklinik in Stockholm. Nachdem Lina herausgefunden hatte, dass ihr AMH (ein Marker der Eizellreserve) sehr niedrig ist, stand für sie sofort fest, dass sie Kinder haben wollte, bevor es zu spät ist.
Lina ging nach Dänemark und machte sechs Inseminationen, leider alle ohne Erfolg. Danach machte Lina 3 IVFs in Dänemark und noch 2 weitere Eizellspenden in Spanien. Ihr Wunschkind ließ aber weiter auf sich warten. In der O.L.G.A.-Klinik wurde Lina nach dem allerersten IVF-Versuch mit eigenen Eizellen Mama von einem wunderschönen Jungen. Ihre komplette Geschichte finden Sie hier:
https://olgafertilityclinic.com/en/about/successtories/lina-story-ivf/
Künstliche Befruchtung in Russland – Klinikärztin erklärt, was anders gemacht wurde
Dr. Elena Lapin und Dr. Olga Zaytseff analysierten, was im Linas Fall einen Unterschied gemacht haben könnte:
- Eine individualisierte und schonende ovarielle Stimulation der Eierstöcke, die zur Herausbildung kompetenter Eizellen mit ausreichend viel Energie geführt hat. Eine Eizelle braucht sehr viel Energie, um einen lebensfähigen Embryo zu erzeugen. In der ersten Zyklus-Hälfte müssen die Eizellen ja ihre Energieressourcen hunderte Male vervielfachen. Die Energiequelle in den Eizellen sind die Mitochondrien. Was viele nicht wissen: alle Mitochondrien und damit die gesamten Energieressourcen für die embryonale Entwicklung stammen ausschließlich aus der Eizelle! Ein Spermium trägt nicht mehr zur Befruchtung bei als ein Päckchen dicht verpackte DNA. Es ist möglich, dass sehr intensive, hochdosierte Protokolle es nicht zulassen, dass die Eizellen bis zur Entnahme genügend Energie für die Befruchtung und die weiteren Vorgänge entwickeln.
- Wenn das Stimulationsprotokoll zu kurz ist, werden gelegentlich unreife Eizellen entnommen – auch hier haben die Mitochondrien der Eizellen es einfach nicht geschafft, sich in ausreichender Menge zu vermehren. Eine langsamere, aber längere Stimulation mit Anpassung der Dosierung hat im Linas Fall zu den 11 reifen Eizellen geführt. Acht konnten befruchtet werden, fünf davon wurden zu Blastozysten. (Zuvor hatte Lina 3 IVF-Zyklen mit einer Befruchtungsrate von nur 20% und nur einem einzigen zweitägigen Embryo).
- Während der Hysteroskopie konnte eine chronische Entzündung in der Gebärmutterschleimhaut festgestellt werden. Deshalb wurden vor dem Embryotransfer eine antibakterielle, antivirale und Immuntherapie eingesetzt.
Wann ist eine Eizellspende sinnvoll?
Eizellspende ist für viele noch ein geheimnisvolles Thema.
In Deutschland, wo ich lebe, ist die Eizellspende verboten. Gleichzeitig ist die Samenspende sowohl für hetero- also auch für homosexuelle Paare und alleinstehende Frauen erlaubt.
Diese Situation führt dazu, dass Frauen, die eine Eizellspende brauchen, oft mit niemandem in ihrer Umgebung darüber sprechen. Nicht einmal ich habe gehört: “…Über meine Eizellspende wissen nur mein Mann und unsere Gynäkologin bescheid”.
Es ist aber nicht in allen Kulturen so. Skandinavische Frauen reden über eine Eizellspende offen und haben Netzwerke gebaut, um sich gegenseitig zu helfen.
Auch in St. Petersburg bei O.L.G.A. beeindruckte mich die Transparenz, die den ganzen Prozess durchzieht. Irgendwann konnte ich mir keine Frage mehr ausdenken, die mir jemand nicht aus erster Hand beantworten konnte.
OLGA Klinik arbeitet sehr transparent
Das ist kein Wunder, denn mehrere Mitarbeiterinnen der Klinik waren früher schon Eizellspenderinnen, manche schon mehrmals. Sie reden über ihre Erfahrungen gern, am Ende sagen sie: Wenn du noch mehr wissen möchtest, frag noch Alena…Anna…Maya…Nina usw.
Wenn ich etwas bei O.L.G.A. gelernt habe, dann ist es das: Frauenpower ist eine echt beeindruckende Sache.
Um mich herum flitzten Dutzende von Ärzten, Krankenschwestern und Koordinatorinnen wie in einem perfekt organisierten Bienenstock. Wo immer ich hinschaute, sah ich Frauen.
Frauen, die von Grund auf eine erstklassige Kinderwunschklinik aufgebaut haben. Ärztinnen, die top gebildet und bereit sind, ihr Wissen auch anzuwenden.
Assistentinnen, die Familie haben und jetzt anderen helfen, auch eine zu bekommen.
OLGA Klinik St.Petersburg – perfekt für Patientinnen mit blonden Haare und blauen Augen
Als ich in der Klinik ankam, feierte die Klinik gerade ihr Jubiläum und eine Runde von Vorträgen und Präsentationen fand statt. Dort traf ich Maria aus Schweden. Maria ist Patientenkoordinatorin und für viele schwedische Patienten zuständig. Warum kommen viele schwedische Frauen zur O.L.G.A.? Seit die berühmte Podcasterin Cilla von Jag vill ha barn begann, offen darüber zu sprechen, wie sie durch eine Embryonenspende ein Baby bekam, wurde O.L.G.A. in mehreren Frauenzeitschriften und auch im Fernsehen vorgestellt.
Ein weiterer Grund, warum O.L.G.A. bei schwedischen Frauen beliebt ist, ist der, dass viele ihrer Eizellspenderinnen einen typisch nordischen Phänotyp haben – blonde Haare und blaue Augen. (Lesen Sie später auch hier: Blond wie die Mama? Wonach suchen die Paare bei Eizellspenderinnen.)
Während den Vorträgen konnte man viele Fotos sehen, auf denen Frauen, die ihre Eizellen gespendet haben, wie jüngere Schwestern oder jüngere Versionen der Patientinnen aussehen –die Klinik hat viele topgesunde Spenderinnen und kann eine hervorragende Übereinstimmung mit den Merkmalen der Empfängerinnen erzielen.
Frauen freuen sich, möglich viele Informationen über “ihre” Spenderin zu bekommen
Alle Eizellspenderinnen bei O.L.G.A. haben schon mindestens ein eigenes gesundes Kind – ein gutes Zeichen nicht nur für die Fruchtbarkeit ihrer Zellen sondern auch für die Entschlossenheit und Motivation, anderen auf dem Weg zum Wunschkind zu helfen. Frauen, die in St.Petersburg leben, haben mit großer Wahrscheinlichkeit nord- und mitteleuropäische Gesichtszüge, und passen damit perfekt zu den Empfängerinnen, die selbst ähnlich aussehen.
Die Patientinnen – fast ausnahmslos Frauen mit schwierigsten Unfruchtbarkeitsgeschichten und vielen erfolgslosen Behandlungen – freuen sich, ausführliche Informationen über ihre Eizellspenderinnen zu erhalten: Fotos, Briefe, Familiengeschichten.
Der Grund, warum O.L.G.A. die möglicherweise größte Eizellspenderinnen-Datenbank in Europa aufbauen konnte, liegt auf der Hand: In Russland bekommen Frauen ihre Kinder immer relativ früh und machen die Universitätsausbildung oder Kariere oft erst später im Leben. Außerdem, vergleichbar mit der Situation in Spanien, hat auch Russland eine andere Mentalität – die Spendebereitschaft liegt einfach höher als in manch anderen europäischen Ländern.
Eizellspende vs. eigene Eizellen: wann ist eine Frau Mutter?
An meinem letzten Tag in der Klinik sprach ich mit Anna Macarova – der Koordinatorin und Teamleiterin für Eizellspenden. Es hat mich interessiert, was Frauen am meisten wissen wollen, wenn eine Eizellspende irgendwann im Raum steht; was sind ihre tiefsten Bedenken?
Anna sagte: “Im Allgemeinen geht es um Information und das Verständnis des Prozesses. Viele Paare kommen zu uns und wissen nicht wirklich, was eine Eizellspende ist und ob es möglich ist, ein Kind ohne Ei- oder Samenzellen zu zeugen?! Sie müssen die Begriffe verstehen und die Fakten im Zusammenhang mit der sozialen und biologischen Mutterschaft lernen. Aber wer ist im Falle einer Eizellspende die eigentliche Mutter?
Wer ist bei der Eizellspende die Mutter?
Ist es diejenige, von der eine einzelne Zelle abstammt?
Oder ist es diejenige, deren Körper das Leben eines Kindes einleitet? Diejenige, die es dem Kind ermöglicht, in ihrem Bauch zu wachsen? Oder ist es die Frau, die das Kind entbindet, stillt und sich für den Rest ihres Lebens sich um das Kind kümmert?
In unseren Gesprächen stellen wir fest, dass sich Paare ein wenig entspannen und erleichtert fühlen, wenn sie einen Schritt von ihrer Fixierung auf die weibliche Biologie zurücktreten. Heute haben wir im Allgemeinen mehr soziale als biologische Bedenken in Bezug auf die Mutterschaft.”
Auf meine Frage, ob die Paare auf bestimmte körperliche Merkmale bei den Spenderinnen bevorzugen, sagte Anna:
“Eines ist sicher: Unsere Patienten sind zähe Menschen, die einen langen Leidensweg hinter sich haben. Sie kommen nicht zu uns, weil sie Designer-Babys kreieren wollen oder für sich etwas wollen, was andere Paare nicht haben, Unsere Patienten kommen oft zu uns, weil sie erschöpft, verletzlich und verzweifelt am Ende ihrer langen Kinderwunschsreisen sind. Diese Menschen können den Wert der Familie am meisten schätzen.”
Kinderwunschberatung – Fachwissen und kompetente Hilfe
Manche Themen lassen sich gut beim Frauenarzt besprechen oder man recherchiert dazu im Internet. Manch andere Themen sind einfach sehr speziell und man braucht Hilfe von jemandem, der es kann und weiß. Wenn Sie sich mehr über Eizellspende, Samensepende oder Embryodiagnostik unterhalten möchten, gern können wir ein 1:1 Gespräch vereinbaren.
Weitere Beratungsinhalte:
- Anpassung der Vitaminpräparate für Sie und Ihren Partner, so dass sie Ihr Hormonprofil am besten unterstützen und sie in kürzester Zeit gut auf die Schwangerschaft vorbereiten
- Entscheidungshilfe bei den Behandlungen und/oder Auswahl der Klinik
- Analyse und Deutung der Blutwerte und Hormondaten aus dem Zyklusmonitoring,
- Ernährungsberatung
- Psychologische Betreuung nach HPPsych
Ich habe in mehreren Kliniken für Eizellspende und Samenspende im Ausland hospitiert und während meinen Ausbildungen interessante Gespräche und Interviews geführt. Dadurch habe ich die Einblicke in die Prozesse bekommen, die sogar vielen Ärzten in Deutschland verborgen bleiben. Wie eine Beratung bei mir funktioniert, ist hier erklärt. Kinderwunsch Beratung
Testimonials und Erfahrungen meiner Patientinnen: Schwanger bessere Ei- und Samenzellen Testimonials
Eizellspende Russland – OLGA hat viel Erfahrung mit Embryo-Diagnostik
Es ist oft schwierig zu erkennen, welche von mehreren gut aussehenden Embryonen eine normale Menge an Chromosomen und die erforderliche Entwicklungsfähigkeit hat, um sich zu einem gesunden Baby zu entwickeln.
Deshalb kann es ratsam sein, dass Frauen ab 36 Jahren oder Frauen mit mehreren zu übertragenden Blastozysten eine PGT-A durchführen um schon bei dem ersten Versuch die Chancen auf eine erfolgreiche Einnistung zu erhöhen, anstatt alle verfügbaren Embryonen über mehrere Zyklen hinweg zu übertragen.
Wie wird der Embryodiagnostik durchgeführt?
Es gibt verschiedene Methoden – die am häufigsten angewandte ist die PGT-A (prägende genetische Untersuchung auf Aneuploidie). Wie wird dieser Test gemacht?
Am 5. Tag, wenn der Embryo wie ein Klümpchen aus etwa 150 Zellen aussieht, wird eine winzige Probe von etwa 4-6 Zellen von der Oberfläche gekratzt. Dies ist wichtig zu wissen, da viele Frauen befürchten, dass eine PGT-A den Embryo verletzen könnte. In Wirklichkeit wird die Biopsie für die Embryonendiagnostik nicht aus der inneren Zellmasse entnommen, sondern aus dem Teil, aus dem die Plazenta herauswächst, so dass der Embryo nicht verletzt wird.
Nach der genetischen Analyse der Probe können die Ärzte erkennen, ob die richtige Anzahl von Chromosomen in den Zellen vorhanden ist und wenn ja, dann werden solche Embryonen “euploid” genannt, was “genetisch normal” bedeutet.
Und jetzt bringe ich Sie an einen Ort, den Sie noch nie zuvor besucht haben.
Gemeinsam besuchen wir das IVF-Labor der Klinik O.L.G.A..
OLGA-Embryologin erzählt: so entsteht ein Embryo im Labor
Das IVF-Labor ist das Herz jeder Kinderwunschklinik. Es ist wie das Cockpit – das Kontrollzentrum, in dem die Eizellen und Spermien vermischt und daraus Embryonen gebildet werden.
Das Labor ist also die erste Station, in der Ihre Eizellen nach der Entnahme im OP-Saal gebracht und unter dem Mikroskop bewertet werden.
Menschen, die das tun – Biologen, die man Embryologen nennt, arbeiten mit Höchstkonzentration; langsam und überlegt, immer mit dem Bewusstsein, dass eine einzige falsche Entscheidung den Unterschied zwischen Leben und Tod, zwischen Paar und Familie, zwischen Glück und Verzweiflung bedeuten kann.
Die drei Embryologen im Labor schienen nicht dagegen zu haben, dass ich sie die ganze Woche über bei der Arbeit begleitete, im Gegenteil. Vielleicht lag es daran, dass ich selbst 13 Jahre im zellbiologischen Labor forschte. Jedenfalls saßen wir ganz entspannt zusammen und unterhielten uns über Embryonen, Eizellen, Mitochondrien und die Frage, wann das Leben wirklich entsteht.
Embryologin Dr. Svetlana Shlykova
Svetlana Shlykova ist möglicherweise die berühmteste Embryologin in Russland. Von 1996 bis 2018 war sie die Chefembryologin beim AVA-Klinik-Netzwerk. Ihre Kollegin Anna Gusareva kam aus Moskau, um mit Swetlana zusammenzuarbeiten. Die Jüngste Biologin, Maya Shestakova, lernt noch und hatte viel Geduld und Zeit für Diskussionen mit mir.
Annna Gusareva im Labor
Als ich das Labor betrat, war ich positiv überrascht, dass die Embryologen an den Mikroskopen neben dem offenen Fenster zum Operationssaal saßen, so dass die Eizellen sofort untersucht und versorgt werden konnten.
Was passiert in einem IVF-Labor?
Anna untersucht frisch entnommene Eizellen und Spermien und entscheidet selbst, welche Behandlung durchgeführt werden sollte: IVF oder ICSI.
Denn hier ist es immer der Embryologe, der darüber entscheidet, wie ein Embryo entstehen soll: wird ein Spermium direkt reingespritzt oder darf die Eizelle sich nach ihren Kriterien für einen der Kandidaten entscheiden?
Und so wird die ICSI nur dann eingesetzt, wenn Anna einschätzt, dass der Befruchtung mit einer IVF etwas im Wege steht.
Das gefällt mir.
In heutiger Zeit ist es in den meisten Kliniken üblich, dass alle Eizellen automatisch einer ICSI unterzogen werden, selbst wenn dies weder notwendig noch für die Patientin vorteilhaft ist.
Die O.L.G.A.-Embryologen wissen, dass niemand ein Spermium besser als die Eizelle selbst aussuchen kann, und dass man alle, wirklich alle unnötigen Eingriffe in das Erbgut und in die Eizellen möglichst vermeiden sollte.
Was ist eine Baby-Garantie?
Anna erklärte mir: “Unsere Patientinnen erhalten Programmpakete mit der Garantie einer Lebendgeburt; wenn kein Baby innerhalb des Pakets geboren wird, geben wir 80 % der Summe zurück. Wir haben IVF-Pakete mit eigenen oder auch mit gespendeten Eizellen oder gar gespendeten Embryonen sowie individuell zusammengestellte Kombi-Pakete.
Ich persönlich bevorzuge die IVF, weil sie etwas “natürlicher” ist – die Eizelle entscheidet selbst, ob sie befruchtet wird oder nicht und mit welchem Spermium. Bei einer IVF-Befruchtungsrate von 87%, warum würde man sich nicht trauen und der IVF eine faire Chance geben? Und die ICSI nur dann anwenden, wenn man sie wirklich braucht, wie bei einem schwachem Spermiogramm zum Beispiel.“
Mir gefällt diese Argumentation – ICSI wurde ursprünglich als ein Verfahren etabliert, um die männliche Unfruchtbarkeit zu umgehen. Warum würden wir nicht dabei bleiben?
Danach redeten wir über die sinkende Fruchtbarkeit in der westlichen Welt und darüber, dass mehrere Embryologen mir schon aus erster Hand bestätigten: Der Samen der Männer in westlichen Gesellschaften ist nicht mehr das, was er vor 20 Jahren war.
Anna erklärte mir außerdem, wie die Embryologen im Labor in allen Aufgaben sich abwechseln und wie an manchen Tagen im Labor sehr viel los ist, sogar am Wochenende.
Was macht ein Embryologe im IVF-Labor?
Ich beobachtete Svetlana besonders gern.
Ihre Bewegungen haben etwas von einer Löwenmutter. Selbst wenn sie nicht am Mikroskop sitzt, strahlt sie eine Zuversicht aus, ihre Embryonen unter Kontrolle zu haben – während sie die kleinen Zellklümpchen aus dem Eis von fast -200 Grad Celsius aufweckt und Leben in die Eizellen einatmet.
Einmal fragte ich sie, wie viele Spermien sie auf eine Eizelle legt, die durch IVF befruchtet werden sollte? Sie dachte nach und sagte: “Selbst das ist individuell. Es gibt zwar Empfehlungen und Laborprotokolle, aber ich finde es am sichersten, einfach ein gutes Bauchgefühl zu entwickeln. Denn eine gleiche Anzahl an Spermien kann zu viel oder zu wenig für eine bestimmte Eizelle bedeuten. Ich stelle es mir am liebsten so vor: Ein Tröpfchen mit Spermien sollte wie ein Sternenhimmel über die Eizelle leuchten”.
Embryologin sagt: “Eine gleiche Anzahl an Spermien kann zu viel oder zu wenig für eine bestimmte Eizelle bedeuten. Ich stelle es mir am liebsten so vor, ein Tröpfchen mit Spermien sollte wie ein Sternenhimmel über die Eizelle leuchten.”