Frauenheilkunde in der Antike:
Die ersten Gedanken zur Embryologie
Interessante Einblicke in die ersten Gedanken zur Embryologie fand ich vor kurzem in einer Doktorarbeit „Eine philologisch-medizinhistorische Untersuchung der gynäkologisch-obstetrischen Schrift GKS 1657“
Die dänische Quelle GKS 1657 wurde im Original im flämisch-brabantischen Dialekt geschrieben. Ähnlich wie der Codex 200 aus Farfa, stellt auch diese Schrift ein Praxis-Handbuch für Frauenheilkunde dar. In Kopenhagen schreibt die Autorin Brigitte Kusche (die selbst aus Schweden kommt) in ihrer Dissertation:
„Die Auffassung, dass sowohl der Mann wie die Frau Sperma entwickeln, und dass der Samen aus sowohl männlichen wie weiblichen Elementen zusammengesetzt ist, wird für den abendländischen Kulturkreis bei den Hippokratikern angesetzt. Nach Pehrsson (Jahr 1981) wäre die „Zweisamentheorie“ aber schon 1400 Jahre vor unserer Zeitrechnung zu belegen und zwar im Manaya Dharma Sastra, einer heiligen Schrift der Hindu. Und bei Huebotter (Jahr 1932) erfahren wir folgendes:
“Buddha sprach: Ananda, wenn eine Frau nicht schwanger wird, so hat das folgende Gründe: wenn Mann und Frau geschlechtliche Begierden bekommen und einander beiwohnen, hat die Frau Orgasmus und denkt an Verwahren des Geistes der Freude (Empfängnis), aber ehe der (kindliche) Geist kommen kann, verliert die Mutter ihren Samen oder aber der Mann hat Samenerguss, ohne dass die Frau etwas ausscheidet.”
Ob der Orgasmus der Frau tatsächlich die Wahrscheinlichkeit einer Befruchtung erhöht, weiß ich nicht; finde es aber bemerkenswert, wie dieses Thema aus den biologischen und medizinischen Lehrbüchern völlig verschwunden ist.
Entwicklung des Kindes im Mutterleib:
Bedeutung der Wärmelehre
Die Bedeutung der Wärmelehre war erheblich und z .B. für das Geschlecht des Kindes erwähnt. Nun kann es im Rahmen dieser Theorie geschehen, dass ein Junge, gezeugt in der wärmeren rechten Seite, aus irgendeinem Grund in die kältere linke rollt – dann entwickelt er sich zu einem ‘weibischen’ Mann. Im umgekehrten Falle trifft dasselbe für das Mädchen zu – es wird ein ‘mannhaftes’ Weib.
Ob das alles stimmt?
Ob überhaupt etwas davon stimmt?
Wenigstens in diesem Bereich sind wir heute weiter und wissen, dass viele Umweltfaktoren tatsächlich schädliche Auswirkungen und Fehlbildungen der Geschlechtsorgane bei männlichen Babys verursachen können. Phthalate, Bisphenol A, Dioxin, Blei, Schwermetalle, sowie Strahlung sind nur einige der noch nicht zu Ende untersuchten Faktoren.
Die Ergebnisse sind oft widersprüchlich und es wird noch weiter geforscht werden müssen, bis die Empfehlungen und Leitlinien ausgesprochen werden können, welche Konzentrationen bzw. Zeitdauer des Einwirkens der Schadstoffe zu den tatsächlichen Schäden in den Keimzellen führen. Zurzeit ist eine wachsende Zahl von Wissenschaftlern der Ansicht, das radikale Eingriffe in die Keimzellen – also “Reparaturen” von Eizellen und Spermien im Labor jedenfalls nicht der richtige Weg sind, und die Ressourcen lieber in die in vivo Verbesserung der Eizellen bzw. Spermien und somit noch in der Zeit vor der Schwangerschaft investiert werden sollten.
Und zum Schluss noch ein wunderschönes kurzes Video über die ersten Tage der embryonalen Entwicklung. Finden Sie nicht, das kleine Baby sieht am Anfang ganz wie ein Außerirdischer aus?
Mit diesem Post beenden wir den Ausflug in die Geschichte der Frauenheilkunde. Ab nächster Woche gibt es kehren wir zu den “ganz normalen” Kinderwunsch-Themen zurück.
Bis bald!
Literatur:
- Dissertation Brigitte Kusche: Eine philologisch-medizinhistorische Untersuchung der gynäkologisch-obstetrischen Schrift GKS 1657.
- Vergleich der durch die historischen Autoren Hildegard von Bingen und Leonhart Fuchs pflanzlichen Arzneimitteln zugeschriebenen mit aktuell anerkannten Indikationen. Dissertation zur Erlangung des naturwissenschaftlichen Doktorgrades der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Autor Christine Mayer-Nicolai.
- Das Römische Frauenbüchlein Eine Untersuchung zum Codex 200 aus Farfa. Aus der Abteilung Ethik und Geschichte der Medizin im Zentrum psychosoziale Medizin der Medizinischen Fakultät der Universität Göttingen Autor Sabine Zimmermann.