Dem Kaiserschnitt wiederstehen: Geburt und nicht die OP ist die natürlichste Sache der Welt!
Unsere wunderbare Hebamme, die mir bei der Entbindung meines zweiten Sohnes zur Seite stand, hat wirklich viel Erfahrung.
Sie hat Frühgeburten und Sturzgeburten und allerlei schwierige Geburten begleitet und Babys immer gut und sicher auf die Welt gebracht. Ob im Knien, Hocken oder Liegen – sie kann aus jeder erdenklichen Stellung ein Baby auf die Welt holen.
Ihre Babies werden oft bei den Eltern zu Hause geboren. Manchmal auch im Krankenhaus, wenn die Mutter sich da wohler fühlt, wie es bei mir der Fall war. Oder in einer Badewanne. Oder auf der Waschmaschine. Sie schafft alles.
Nur bei einer Zwillingsgeburt war sie nie dabei. Weil Zwillinge nur noch per Kaiserschnitt geboren werden.
Es gibt heutzutage praktisch keine Hebamme, die so eine Geburt allein begleiten würde.
Zwillingsgeburten sind ja selten (aber immerhin um ein Vielfaches häufiger als vor wenigen Jahrzehnten, als es Kinderwunschbehandlungen, die die Zahl der Zwillingsgeburten hoch treiben, noch nicht gab).
Es ist also kein großes Problem, dass die Hebammen diese Fertigkeit verloren haben. Die Risiken einer Zwillingsgeburt bei Frauen über 35 sind nicht zu unterschätzen und ich kann mir kaum vorstellen, das eine Frau sich unbedingt wünschen würde, zu Hause allein mit der Hebamme Zwillinge zu gebären.
Das eigentliche Problem ist, die Ärzte können das auch immer weniger: ob Zwillingsgeburt, abweichende Lage des Babys, Alter der Frau oder einfach Termindruck im Krankenhaus – ein Kaiserschnitt wird schnell vorgeschlagen und durchgesetzt. Jeder Unbequemlichkeit wird aus dem Weg gegangen.
In vielen deutschen Kliniken kommen mittlerweile über ein Drittel der Babys per Kaiserschnitt zur Welt. Warum nicht – keine stundenlangen Wehen, kein Pressen, kein Dammriss. Und vor allem keine Auseinandersetzung mit einer großen Naturgewalt: der Geburt.
Bei einem Kaiserschnitt lässt sich alles sauber planen und es ist in der Regel in unter zwei Stunden vorbei. Das hört sich gut an, und es ist wirklich kein Wunder, dass schwangere Frauen, die klein und unsicher vor dem Ereignis der Geburt stehen, sich leicht überfordert fühlen und nach ärztlicher Hilfe greifen.
Nur so kann ich mir erklären, warum viele Fragen gar nicht gestellt werden:
1) Ist es wirklich egal, wie ein Kind auf die Welt kommt?
2) Mit welchen Langzeit-Gesundheitsrisiken ist bei den Kaiserschnittkindern zu rechnen?
3) Haben die Menschen sogar das Recht, geboren zu werden?
Die Zahl medizinisch überflüssiger Kaiserschnitte steigt weltweit, warnte die WHO vor wenigen Wochen. Zu den weltweiten Anführern der Liste gehört Brasilien mit einer Kaiserschnittrate von 55,6 Prozent. Wenn man bedenkt, dass Brasilien rund 200 Millionen Einwohner hat, wird klar, warum Medien und manchmal sogar Ärzte von einer “Kaiserschnitt-Epidemie” sprechen.
Heutzutage braucht man keinen besonderen Grund mehr für einen Kaiserschnitt, obwohl er eine Operation ist und wie jeder operative Eingriff für Mutter und Baby mit hohen Risiken verbunden ist.
Leider werden die Mütter wenig über die Risiken eines Kaiserschnittes aufgeklärt (wie Schmerzen im Narben- und Bauchbereich, Infektionen, erschwerte Rückbildung), und noch weniger über die Spätfolgen, die ein Kaiserschnitt haben kann ( Beziehung zur eigenen Sexualität, gestörtes Mutter-Kind- und Stillverhältnis, Verwachsungen im Bauchraum, psychische Belastung usw.).
Stattdessen werden schwangere Frauen regelrecht verängstigt, indem ihnen von Frauenärzten bedrohliche Prognosen einer vaginalen Geburt ausgemalt werden (lebenslange Inkontinenz und reduziertes Sexualleben nach normaler Geburt). Schon die Tatsache, dass Frauen über 35 per Definition als “Risikoschwangere” abgestuft werden, reicht aus, um sie zu verunsichern. Und sollte noch etwas dazukommen (mein erster Sohn z.B. war für zwei Wochen übertragen und ich musste zum Schluss alle zwei Tage im Krankenhaus unterschreiben, dass ich auf eigene Verantwortung nach Hause gehe), wünscht sich jede normale Frau, dass das ganze Theater nur noch zu Ende geht, ob mit oder ohne Kaiserschnitt.
Dabei empfiehlt die WHO, bei maximal 10 bis 15 Prozent aller Geburten einen Kaiserschnitt durchzuführen.
Warum haben wir 300% Kaiserschnitte mehr?
Warum wird auf eine natürliche Geburt so schnell verzichtet?
Aus Bequemlichkeit?
Aus Gier, da Operationen sowohl das Geld bringen als auch sich besser planen lassen (und im Durchschnitt sogar kürzer als natürliche Geburten dauern)?
Aus Ahnungslosigkeit und Angst, sich in die natürlichste Sache der Welt, die Geburt, restlos fallen zu lassen?
Und dabei wäre es ganz einfach, den von der WHO empfohlenen Richtlinien zu folgen: auf seinen eigenen Körper zu hören, zu vertrauen, dass er die Weisheit hat, die Geburt zu schaffen.
Eine Hebamme suchen (aber bitte rechtzeitig – der Beruf ist am Aussterben und in Berlin sollten Sie sich um eine kümmern, sobald Sie das erste Trimester geschafft haben), die Sie durch die Geburt begleiten und neben den physischen ebenso die emotionalen, spirituelle, und kulturellen Bedürfnisse berücksichtigen wird.
Selbst bestimmen, in welcher Stellung Sie gebären wollen: in der Hocke oder lieber auf allen Vieren kniend? Alle diese Stellungen sind nachweislich besser und schmerzen weniger, als wenn Sie im Krankenbett auf dem Rücken liegen und versuchen, auf diese Weise ein Kind auszupressen. Oder denken Sie, das Gebären im Liegen ist akzeptabel? Bedenken Sie nur, würden Sie im Liegen “Groß machen” wollen? Nein, doch lieber im Hocken? Also.
Sie sind eine starke Frau und Sie können gebären. Und Sie haben das Recht auf ein natürliches Geburtserlebnis. Lassen Sie sich dieses Recht auf keinen Fall nehmen.